#StopAsianHate: Corona befeuert antiasiatischen Rassismus | STERN.de

2021-11-16 21:48:55 By : Ms. Jim Lee

Spätestens seit die "Black Lives Matter"-Bewegung mit der Ermordung des Afroamerikaners George Floyd im vergangenen Jahr präsent war, sind Debatten um Rassismus und den richtigen Umgang mit Menschen wieder in den Mittelpunkt gerückt. Konkret geht es vor allem um Menschen, deren Hautfarbe nicht weiß ist und deren ethnischer Hintergrund bis in den afrikanischen Kontinent reicht. Aber People of Color (PoC) sind nicht die einzigen, die mit Vorurteilen und Rassismus zu kämpfen haben.

Der jüngste Angriff auf einen Massagesalon in Atlanta lässt zumindest vermuten, dass auch in der Gesellschaft antiasiatische Ressentiments wachsen. Bei dem Anschlag in den USA wurden sechs asiatische Frauen getötet. Als Motiv nannte der Täter Sexsucht - von Rassismus war keine Rede. Aber Zahlen des Californian Center for the Study of Hate and Extremism – das vorläufige polizeiliche Daten zu Hass und Gewalt ausgewertet hat – zeigen, dass Hassverbrechen gegen asiatische Bürger und Gemeinschaften in den USA seit 2016 deutlich zugenommen haben.

Der Ausbruch der Corona-Pandemie im chinesischen Wuhan befeuert die Angriffe. Die Zahl der antiasiatischen Angriffe ist der Studie zufolge seit März 2020 um fast 150 Prozent gestiegen. Die Anschläge in New York, Los Angeles und Boston sind besonders hoch und stark gestiegen. Zudem zählt der „Stop AAPI Hate National Report“ mehr als 3.700 Fälle von antiasiatischen Angriffen seit Beginn der Pandemie in den USA bis Ende Februar dieses Jahres. Im Vordergrund stehen verbale Angriffe (68 Prozent), Vermeidung asiatischer Bürger (20 Prozent) und körperliche Übergriffe (11 Prozent). Auch am Arbeitsplatz oder in sozialen Netzwerken werden asiatische US-Bürger diskriminiert. Wie die Studie auch feststellte, gibt es Unterschiede zwischen den Betroffenen. Am häufigsten betroffen sind US-Bürger chinesischer Herkunft, gefolgt von Koreanern und Vietnamesen.

Antiasiatischer Rassismus ist zwar nicht neu, aber – die Zahlen belegen auch – die rasante Zunahme im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Forscher der University of Michigan untersuchten, wie antiasiatische Sprache von Demokraten und Republikanern auf Twitter verwendet und verbreitet wird. Ergebnis: In 37 Prozent der untersuchten Tweets wurde China für die Verbreitung des Virus verantwortlich gemacht. Tweets mit stigmatisierender Rhetorik wurden millionenfach retweetet und fast viermal so oft geliked. Auch Ex-Präsident Donald Trump mischte sich ein, indem er das Coronavirus mehrfach als "China-Virus" oder "Kung-Grippe" bezeichnete. Ihm wird deshalb vorgeworfen, gezielt antiasiatische Angriffe und Ressentiments geschürt zu haben. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit hat der neue Präsident Joe Biden deshalb eine Absichtserklärung zur Bekämpfung von Rassismus unterzeichnet.

Auch hierzulande sind Bürger mit asiatischem Hintergrund von Rassismus betroffen. Unter dem Hashtag „#IchBinKeinVirus“ berichten sie von ihren Erfahrungen: Asiaten werden öffentlich als „Virusträger“ beschimpft, Gäste bleiben von asiatischen Restaurants fern und Fußgänger überqueren die Straße.

Auch in der Vergangenheit gab es immer wieder Vorfälle. In den 1930er Jahren wurden die Chinesen von den Nationalsozialisten aus Deutschland vertrieben. Anfang der 1990er Jahre wurden Sammelunterkünfte im sächsischen Hoyerswerda und in Rostock Ziel von fremdenfeindlichen und rechtsextremen Übergriffen. Bis heute bestehen Klischees gegenüber asiatischen Restaurant- und Massagebetreibern.

Der Protest nimmt zu: Am vergangenen Wochenende gingen in den USA Tausende auf die Straße, um gegen antiasiatischen Rassismus und Übergriffe zu demonstrieren. Initiiert wurde die Demonstration von der Gruppe "Stand with Asians", die sich als Lobbygruppe versteht, um Politiker auf die Situation vieler asiatischer Bürger in den USA aufmerksam zu machen. Die Initiatoren haben den 26. März kürzlich zum "Aktionstag" erklärt. Er erinnert an die Unterzeichnung des „Naturalization Act of 1790“, nach dem Asiaten erst 1952 als US-Bürger anerkannt wurden.

Neben den öffentlichen Protesten, die in Städten wie Philadelphia, aber auch im kanadischen Vancouver stattfanden, rief die Gruppe auch unter den Hashtags "#StopAsianHate", "#StandWithAsians" und " #StopAAPIHate" . 

Die Hashtags wurden auch von der erfolgreichen südkoreanischen Boyband BTS verwendet. Auf Twitter hat sie sich nun offen gegen Rassismus gegen Menschen asiatischer Abstammung ausgesprochen. „Was gerade passiert, ist untrennbar mit unserer Identität als Asiaten verbunden“, schrieb die Band in einem Post auf Twitter, den sie auf Koreanisch und Englisch veröffentlichte. Sie beziehen sich offenbar auf den Vorfall in und um Atlanta im US-Bundesstaat Georgia.

Die Band erzählt auch von ihren eigenen Rassismus-Erfahrungen: „Wir erinnern uns an Momente, in denen wir als Asiaten diskriminiert wurden. Wir haben grundlos Schimpfwörter ertragen und wurden wegen unseres Aussehens verspottet. Wir wurden sogar gefragt, warum Asiaten Englisch sprechen.“ Doch ihre Erfahrungen sind im Vergleich zu den Ereignissen der letzten Wochen unbedeutend. „Du, ich und wir alle haben das Recht, respektiert zu werden“, beendeten sie ihren Appell mit dem Hashtag „#StopAsianHate“.

Quellen: NBS News, CBS News, Deutsche Welle, DPA

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